Samstag, 25. Oktober 2008


Lebensmittel - ein Wort, das gerne mit stofflicher Nahrung assoziiert wird, im weiteren Sinne mit Ernährung - also die Aufnahme von Nahrungsstoffen, die ein Organismus zum Aufbau seines Körpers, zur Aufrechterhaltung seiner Lebensfunktionen und zum Hervorbringen bestimmter Leistungen in verschiedenen Lebenslagen benötigt. Ernährung ist eine Voraussetzung für die Lebenserhaltung jedes Lebewesens, also ein Lebensmittel. Doch während beim Essen weitgehend der Wunsch nach ausreichend Nahrung das dominante Motiv war, beflügelte die Kreativität und Phantasie den Ideenreichtum der Menschen und führte sie von Innovation zu Innovation. Doch was ist der Motor, die Triebfeder hinter dieser Entwicklung? In erster Linie doch der Wunsch nach schöpferischer Existenz, die Lust am Entdecken des Unvorstellbaren. Diese Triebfeder ist mindestens so alt wie die Geschichte der menschlichen Zivilisation, und was wir sicher wissen: Kult, Kultur und Kulturkunst der Ahnen sind wie ein gedeckter Tisch mit vollen Schüsseln - und Kulturkunst ist keine Dekoration, sie ist Nahrung von schöpferischem Geist, ein unverzichtbares Lebensmittel.

Menschen können nicht ohne Kunst und Kultur leben, das beweist die Geschichte und - es sind gerade Kunst und Kultur, die uns von anderen Lebewesen unterscheiden. Menschen haben die Kunst, sie sind Teil ihrer Menschlichkeit. Gefährlich ist im Moment, dass die Kunst verflacht. Es muss unser aller Anliegen sein, dass sie nicht an der Oberfläche dümpelt, sondern tief im Menschentum verankert ist. Das ist nicht allein eine kulturpolitische, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. "Die Kunst ist eine unabdingbare Notwendigkeit, die lebensfeindlich gewordene Umwelt des Menschen wieder menschlich zu gestalten. Sie stellt wiederum das Geheimnis mitten ins Leben hinein und sie ist in der Lage, den Menschen wiederum jene Kräfte zuzuführen, die ihn zu einem schöpferischen, aber auch zu einem sozialen Wesen machen." Ein Zitat, das durchaus zeitgemäß anmutet, aber in Wahrheit in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts vom Religionsphilosophen Johannes Peter Steffes ausgesprochen wurde.

Doch welchen Kulturbegriff meinen wir eigentlich? Wenn man sich heute in den Medien ansieht, was da unter Kultur geboten wird, so ist es alles, was laut und kreativ tönt, viele Leute bringt, worüber man in Insiderkreisen für andere unverständlich schwärmen kann ... und sich gut und teuer verkaufen lässt. In der heutigen Realität scheint sich Kultur zu reduzieren auf profitable Unterhaltung, die möglichst viele (idealerweise gleichgesinnte) Menschen erreichen soll. Das ist leider ein ziemlich verkehrter Begriff von Kultur, denn eigentlich wäre Kultur ein pfleglicher, nachhaltiger Umgang des Menschen mit seiner Umwelt. Zur Kultur gehört insbesondere der "Modellbau" wie er stattfindet in Philosophie (Theoretisieren), Wissenschaft (Systematisieren) und Kunst - als Ausdruck dessen, wie der Künstler gewisse Dinge sieht (Malerei, Plastik), empfindet (Literatur), hört (Musiker), riecht oder schmeckt (Kochkunst). Womit wir wieder bei der stofflichen Nahrung angekommen wären, aber schon vermengt mit einem wachsenden Anspruch an Ästhetik und Reinheit (im Sinne von Gesundheit). Kultur wäre also eigentlich die Kunst der optimalen Nutzung der Sinne und all dessen, was die (natürliche, soziale und kulturelle) Umwelt bietet - und nicht der maximalen Erzielung von Einnahmen.

Bei all denen, die heute künstlerisch tätig sind und die für die Kultur verantwortlich sind, wächst das Bewusstsein für ihren Bildungsauftrag – vor allem durch die sich breit machende Oberflächlichkeit. Verantwortlich für die Vermittlung dieser Werte sind heute in erster Linie die Künstler und die Kultureinrichtungen. Doch das wird nicht genügen, denn kulturelle Bildung als "Lebensmittel" ist unverzichtbar für jeden dennoch wurde in vielen Bereichen versäumt, die kulturelle Bildung in unserer Gesellschaft wichtig zu nehmen und wichtig zu machen. Das ist vor allem ein unverzeihlicher gesellschaftlicher Fehler, denn kulturelle Bildung vermittelt einfach die Fähigkeiten und Kreativität, die wir brauchen, um die Probleme der Zukunft zu bewältigen. Die Menschen müssen zum "think the unthinkable" in der Lage sein, also sich für das noch nicht Dagewesene zu
präparieren.

Kultur vermittelt sich jedoch nicht von selbst – dafür sind die Formen und Zusammenhänge, die sich in der Kunst zum Teil in Jahrhunderten entwickelt haben, zu komplex. Die Menschen müssen Kultur trainieren und auf der spannenden Entdeckungsreise zu Kunst und Kultur an die Hand genommen werden. Wem aber bereits als Kind die Möglichkeit gegeben wurde, die Sprache der Kunst zu entschlüsseln, der wird sein ganzes Leben lang durch die Künste immer wieder neue Welten entdecken und seine eigene Kreativität und Phantasie entwickeln. Und einem solchermaßen geschulten, unabhängigen Geist wird es leichter fallen, sich mit sozialen und politischen Gegebenheiten reflektierend und kritisch auseinanderzusetzen.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Leiterin der Kulturstiftung der deutschen Bundesländer, meint dazu: "Kulturvermittlung ist in unserer Gesellschaft auf verschiedene Schultern verteilt. Verantwortlich sind zunächst einmal die Eltern gemeinsam mit Kindergarten und Schule. Natürlich werden hier nicht nur kulturelle Bildung, sondern ganze Wissenskodizes an Kinder und Jugendliche weitergegeben, in denen aber Musik und bildende Kunst, Theater und Literatur in der Regel nur eine Randposition einnehmen. Dies ist die Folge von seit inzwischen fast zwei Generationen mangelnder Einsicht in die Notwendigkeit kultureller Bildung – übrigens nicht zuletzt auch bei Bildungspolitikern. Kompetenzerwerb in Sprachen und Naturwissenschaften steht für die meisten Eltern, Erzieher und Lehrer nach wie vor an oberster Stelle. Und dies, obwohl inzwischen gerade aus den Naturwissenschaften, aus der Entwicklungsphysiologie und Hirnforschung auf den entscheidenden Impuls auf die Entwicklung von Kinder und Jugendlichen hingewiesen wird, der vom kreativen Umgang mit den Künsten ausgeht."

Nun könnten wir noch einmal die Brücke zu den "stofflichen" Lebensmitteln schlagen und einige Parallelen suchen. Wie soll man das Bewusstsein der "gesunden Ernährung" im kulturellen Sinne schärfen oder vor Mangelerscheinungen bei "Verweigerung der Nahrungsaufnahme" oder "falscher Ernährung" warnen? In erster Linie ist ja das, was der Mensch isst, wie er es zubereitet und zu sich nimmt, sowie das, was er nicht isst, von seinem Lebensraum und seiner Kultur abhängig, und damit starken regionalen Unterschieden unterworfen. Trotz der teils extremen Unterschiede der traditionellen Regionalküchen wird der Bedarf an Nährstoffen in der Regel gedeckt. Eine einzige "richtige" Ernährungsform kann es folglich nicht geben. Es lebe die Vielfalt der Kunst.

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Jahresprogramm KunstBox 2009
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Mittwoch, 25. Juni 2008



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